Ökosystem Weddellmeer

Der Vorschlag für ein Meeresschutzgebiet im Weddellmeer betrifft eine besondere Region des Südpolarmeeres. Im Gegensatz zu anderen Gebieten des Südpolarmeeres ist das Weddellmeer bisher von menschlichen Einflüssen weitgehend verschont geblieben. Es bietet daher die einmalige Chance, eine unberührte Region vor zukünftigen Einflüssen zu schützen.

Das Weddellmeer ist neben seiner Unberührtheit auch deshalb bemerkenswert, weil es über ein einzigartiges Ökosystem verfügt, welches wichtige Funktionen übernimmt. So spielt das Weddellmeer beispielsweise eine wesentliche Rolle bei der Steuerung der globalen thermohalinen Zirkulation, also aller globalen Meeresströmungen. Denn in diesem Gebiet bildet sich viel "Antarktisches Bodenwasser" - eine besonders kalte und sauerstoffreiche Wassermasse. Dieses Bodenwasser bewegt sich dann nach Norden in Richtung Äquator und treibt ein "Förderband" von Meeresströmungen an, die nicht nur Nährstoffe und Sauerstoff im gesamten Weltmeer verteilen, sondern auch das globale Klima und das regionale Wettergeschehen entscheidend beeinflussen.

Die Meereisbedeckung des Weddellmeeres verändert sich extrem über die Jahreszeiten hinweg - im australischen Winter bedeckt das Meereis mehr als 75 % des Weddellmeeres, während im Sommer das Meereis auf circa ein Drittel seiner maximalen Winterausdehnung schrumpft. Dieser extreme Lebensraum beherbergt viele Arten, die über das antarktische Nahrungsnetz miteinander verbunden sind. An der Unterseite des Eises wachsen Eisalgen und Bakterien, die Nahrung für Zooplankton wie den Antarktischen Krill bieten. Das Zooplankton ist eine Nahrungsquelle für Fische, die wiederum zusammen mit dem Krill, Beute für Pinguine, Robben und Wale sind. Darüber hinaus sinkt totes Zooplankton auf den Meeresboden und bietet Nahrung für eine erstaunlich artenreiche benthische Faunengemeinschaft. Besonders auf dem Kontinentalschelf des Weddellmeeres sind große und einzigartige meterhohe "Unterwasserwälder" aus Schwämmen und Filtrierern beheimatet. Diese Ökosysteme auf dem Meeresboden sind in Bezug auf Artenreichtum und Funktion mit tropischen Korallenriffen vergleichbar.

Das Weddellmeer wird aufgrund seiner Eisbedeckung und der günstigen Strömungsverhältnisse voraussichtlich eine der letzten Regionen des Südlichen Ozeans sein, in denen sich die Folgen des Klimawandels bemerkbar machen werden. Die nebenstehende Karte, die auf dem Meereisportal abrufbar ist, zeigt die Ausdehnung des Meereises am 21. Februar 2022, der geringsten Meereisausdehnung um die Antarktis (2,27 Mio. km²), die seit Beginn der Satellitenbeobachtungen im Jahr 1979 verzeichnet wurde. Während dieses Rekordtiefs blieb die Meereiskonzentration im Weddellmeer vergleichsweise hoch. Dies zeigt, dass das Weddellmeer als Zufluchtsort für eisabhängige Arten (wie die Weddellrobbe) oder Arten mit geringer Wärmetoleranz (wie viele antarktische Fischarten) dienen kann. In Zukunft könnten diese kälteangepassten Arten das Weddellmeer als Rückzugsgebiet nutzen. Es besteht Grund zur Hoffnung, dass sie sich im Schutz des Weddellmeeres über Generationen hinweg allmählich an die steigenden Wassertemperaturen anpassen und so überleben können.

Einige Fakten über das Weddellmeer

  • Auf dem Meeresboden des Weddellmeeres leben rund 14.000 Tierarten.

  • Mit mehr als 70.000 Brutpaaren schlüpft etwa ein Drittel aller Kaiserpinguinküken auf dem Meereis des Weddellmeeres.

  • Etwa 300.000 Brutpaare des Antarktischen Sturmvogels nutzen das Weddellmeer als Jagdgebiet.